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Ein fast vergessener Dichter und Sänger...




Was am 13.6.1883 im "Würzburger Landboten" stand, war für die damalige Zeit eine Sensation!
Friedrich Friedreich publizierte über einen der bedeutensten deutschen Lyriker und Sänger des 13. Jahrhunderts. Friedreich fand kurz zuvor das Grab von "Waltherus Fugilwedere" den wir heute unter dem Namen "Walther von der Vogelweide" kennen. In seiner zeit, welche von kirchlichen Dogmen und hierarchischen Strukturen geprägt war, war er einer der unabhängigsten, unkonventionellesten und streitbarsten Geister. Schon zu seinen Lebzeiten eregte er Aufsehen, indem er, ganz im Bewußtsein, daß er "Narrenfreiheit" besaß, der Obrigkeit einen Spiegel vorhielt.

Walther wurde in der letzten Viertel des 12. Jahrhunderts als Sohn von Wolfram Vogelweider und Giesela von Eisenach im heutigen Frankfurt geboren. In einem mittelalterlichen Dokument des Frankfurter Bartholomäus-Stiftes entdeckte Ernst Wülcker, während seiner Anstellung im Stadtarchiv Frankfurt in den Jahren 1870-75, diverse Hinweise auf "Walther Vogelweider". Selbst das Geburtshaus Walthers wurde dadurch bestimmbar. So ist in den alten Akten der Hinweis auf ein Haus in der Frankfurter Sandgasse verzeichnet. Nun wissen wir, daß im Mittelalter die Nachnamen eigentlich auch "Berufsnamen" gewesen sind.
Was für einen Beruf, ging dann der Vater von Walther, Wolfram Vogelweider nach?

Betrachten wir zunächst das damalige, karolingische Frankfurt gegen Ende des 12. Jahrhunderts.
Es lag auf dem Domhügel, zwischen Main und dem Braubachmoor. Die Königspfalz und die Salvatorkapelle waren der gesellschaftliche Mittelpunkt der Ansiedlung, welche bis auf die römische Zeit zurückgeht. Nördlich der Kaiserpfalz gab es ein Gebiet, welches mit "Vogelweide" bezeichnet wurde. Zu jeder Königspfalz gehörte seinerzeit ein Falkner. Sollte Wolfram königlicher Falkner gewesen sein? Stimmt das überlieferte Wappen von Walther von der Vogelweide? Könnte der Vogel im Wappen nicht ein Singvogel, sondern ein Falke sein? Und der Käfig? Nichts besser könnte für einen königlichen Falkner des Mittelalters so bezeichnend sein, wie ein Wappen mit einem Falken im Käfig!

Walther selbst fand kein Gefallen an der Falknerei und zog, wie wir wissen, sein Leben lang als Minnesänger durch halb Europa. Er kam bis nach Östereich, der Heimat seiner Mutter. Es wird ihm nachgesagt, leider ist es bis heute noch nicht eindeutig bewiesen, daß er die, damals schon uralte, Sage der Nibelungen zu Papier brachte.

Viele Sprüche und Lyriken sind von ihm im Laufe der Jahre geschrieben worden....

Gegen Ende seines Lebens hat Walther im Neumünster-Stift im Würzburg eine Pfründe besessen, welche er als Lehen angesehen hat. Diese wurde ihm, von seinem Landesherren, Friedrich II. auf dem Frankfurter Hoftag 1219 oder auf dem Reichstag 1220 zuteil.
Warum bekam Walther gerade eine Pfründe im Neumünsterstift?
Seit dem 8. jahrhundert besaß der Stift und der benachbarte Dom eine Schreibschule, in der umfrangreiche Büchersammlungen zur Verfügung standen. Walther hatte somit sehr gute Gelegenheit seine eigenen Lieder und Sprüche für die Nachwelt zu erhalten. Walther von der Vogelweide starb, dieses ist relativ sicher, da im og. Bartholomäus-Papier das Todes-Jahrgedächtniss auf den 2.Mai 1233 datiert wurde, irgendwann im April 1233.
Er wurde, wie Friedrich Friedreich später feststellte, in einem später vermauerten Kreuzgang im Neumünster-Stift zu Würzburg begraben.

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Walther von der Vogelweide zur "Doppelzüngigkeit":


Got gît ze künige, swen er wil,
dar umbe wundert mich nihtr vil,
uns leien wundert úmbe der pfaffen lêre:
si lêrten uns bî kurzen tagen,
daz wellents uns nû widersagen.
nû tuons dur got und dur ir selber êre
und sagen uns bî ir triuwen,
an welcher rede wir sîn betrogen,
vol rechen uns die einen wol von grunde,
die alten ê die niuwen.
uns dunket einez sî gelogen,
zwô zungen stânt unébne in éinem munde.

...

Gott bestimmt zum König, wen immer er will,
darüber wundere ich mich nicht sehr,
uns Laien verwundert die Lehre der Pfaffen:
Sie lehrten uns vor kurzem etwas,
das wollen sie uns gegenüber nun widerrufen.
Nun mögen sie um Gottes und ihrer eigenen Ehre willen handeln
und uns sagen - bei der Glaubwürdigkeit ihrer selbst,
mit welcher Aussage wir betrogen seien,
uns voll Rechenschaft ablegen über eine von beiden wohl von Grund auf,
über die alte lieber als die neue.
Uns deucht, eine (von beiden) sei gelogen.
Zwei Zungen passen nicht in einen Mund.

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Walther von der Vogelweide zu "Falscher Freundschaft":


Swer sích des staeten friundes dur úbermuot behêret
und ér den sînen durch des frömden êre unêret,
der möhte erséhen, wurde ér von sînen hoeheren ouch gesêret,
daz diu gehalsen friuntschaft sich vil lîhte entrande,
swenne ér sich lîbes unde guotes solde umb ín bewegen.
wir hân vereischet, die der wenke hânt gepflegen,
daz sí der kumber wíder ûf díe erbone friunde wande.
daz sol nach gotes lêhen dicke wól noch geschehen.
ouch hôrte ích die liute des mit volge jehen:
'gewissen friunt, versuohte swert sul man ze noeten sehen.'

...

Wer immer sich über den treuen Freund in Hochmut erhebt
und wer diesen um eines Fremden Ehre willen entehrt,
der könnte erfahren, würde er von Höhergestellten seinerseits verletzt,
daß die allzurasche Freundschaft sich sehr leicht auflöst,
wenn jener auf Leben und Gut seinetwegen verzichten sollte.
Wir haben vernommen, daß diejenigen, welche eine Abkehr vollzogen haben,
die Bedrängnis wieder zu den geborenen Freunden führte.
Das sollte nach Gottes Lehensordnung wohl oft noch geschehen.
Auch hörte ich die Leute dies mit Zustimmung sagen:
"Zuverlässigen Freund, erprobte Schwerter wird man in Nöten erkennen."



Quellennachweise und Literatur zu "Walther von der Vogelweide":

- "Walther von der Vogelweide" der Mensch in Zeit und Umwelt, Heinz F. Friederichs, Verlag Degener & Co.
- "Walther von der Vogelweide - Werke", Bnd. 1: Spruchlyrik, reclam, ISBN: 3-153000819-0






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